Motorradtour im Jura

So sauber, wie das neue Motorrad übernommen wurde, sollte es nicht lange bleiben. Biene erhielt zwar eine komplette Motorrad-Ausrüstung, doch für eine längere Tour war dies für sie noch nichts. Sie durfte zu den Grosseltern in die Ferien fahren, derweil die Eltern Allerlei erledigten und danach die erste Runde starteten. Ursprünglich war eine Tour über verschiedene Pässe im Bündnerland, der Innerschweiz, dem Tessin, Wallis und Berner Oberland vorgesehen. Am Wochenende vor dem Start vermieste das Wetter dieses Vorhaben. Es schneite bis auf 1000m ü.M. und viele der Pässe wurden geschlossen. Auch sollten die Temperaturen weiterhin tief bleiben, so dass wir unsere Route neu planen mussten. Es sollte nun durch das Entlebuch und Emmental, mit Stopp bei Thomas in Eggiswil, weiter in den Freiburger Sensebezirk gehen. Biene freute sich nur bedingt über unseren Besuch und begrüsste uns mit einem knappen „husch – husch“ und war dann auch schon wieder weg, um auf einen Apfelbaum zu klettern.

Unser Ziel war nicht der Sensebezirk, sondern der Jura. Genau dieser war dann das Ziel unserer nächsten Etappe. Wir durchquerten das Mittelland in südwestlicher Richtung, machten eine kurze Runde in Aubonne am Genfersee, um von hier aus via Biere in den Jura zu stechen. Die Reise führte uns auf den Col du Marchairuz. Hier oben auf 1447m ü.M. war das Wetter eher garstig, neblig trüb und zudem nieselte ein fieser Regen. Auch die Temperatur sank auf 3°. Töfffahrer haben ja bekanntlich gute Kleider und sind etwas härter im Nehmen. Trotzdem knurrte unser Magen auf der Passhöhe, wo wir einen Stopp einlegten und uns ein deftiges menu du jour in Form von Tagliatelle mit Pilzen und gebratenem Speck gönnten. Herrlich, wie gut das tat. Frisch gestärkt machten wir uns weiter auf den Weg entlang des Lac de Joux und weiter nach Vallorbe. Wir waren etwas früh dran und wollten unsere Unterkunft noch nicht aufsuchen. So machten wir Halt bei den Tropfsteinhöhlen in Vallorbe. Beim Parken der Motorräder hupte uns ein frecher Zürcher an – auch im Jura ist man nicht sicher vor der Spezies. Erst bei genauerem Hinschauen erkannten wir unsere Campingfreunde vom Bodensee – wie klein die Welt doch ist. Nur Sekunden später hätten wir uns verfehlt.

Der Besuch der Höhlen war beeindruckend und kann bestens weiterempfohlen werden. Mit den coronabedingten Schutzmasken war der Weg die Treppen hoch und runter zwar etwas anstrengend, zumal die Motorradbekleidung inklusive Thermoinnenfutter bestimmt nicht sonderlich begünstigend wirkten. Die Höhle ist trotzdem ein Stopp und Besuch wert.

Die Weiterfahrt zu unserem B&B dauerte dann nur noch wenige Minuten. Die sehr freundliche Gastgeberin liess uns sogar die Maschinen in ihrer Garage unterbringen. Trotzdem hatten wir zu diesem Zeitpunkt ein Problem: Unsere Gepäckkoffer waren von der Fahrt über die nassen und teils auch schmutzigen Strassen wirklich übel hergerichtet und nicht sonderlich salontauglich. Unsere erste Lesson learned: Wir benötigen zu den Koffern passende Innentaschen, welche sauber aus dem verdreckten Koffer entnommen und ins Hotelzimmer mitgenommen werden können. Nach dem langen Tag brauchten wir eine Dusche, bevor wir uns etwas im Dorf umsahen und uns in einem Lokal eine Pizza gönnten.

Hier erreichte uns der Anruf unserer Tochter. Sie hatte Heimweh, was uns dazu bewog, unsere Pläne für die kommenden Tage erneut umzukrempeln. Wir sind ja flexibel und hatten zum Glück noch keine weiteren Unterkünfte gebucht. So heckten wir einen möglichst guten Plan aus, um Biene nicht mehr zu lange leiden zu lassen. Für eine Weiterfahrt waren wir jedoch zu müde. So nächtigten wir gemütlich, um am kommenden Tag gestärkt und konzentriert weiter zu reisen. Wir tauschten unsere Maschinen und Mann kam endlich in den Genuss die neue R 1250 GS (ohne Vignette) zu fahren. Derweil bestieg Mama die kleinere 850er mit Autobahnvignette und düste auf dem Autobahnweg nach Hause, wo sie unser Auto abholte, etwas Ersatzwäsche packte und sich gleich darauf wieder auf den Weg in Richtig Deutschfreiburg machte. Ein kleiner Marathon, doch was macht Mama nicht alles für klein Biene?

Papa machte derweil mit der 1250er eine kleine Spritztour durch den grenznahen Jura. Die Fahrt führte über Vuiteboeuf und Sainte-Croix zum Col des Étroits (1152m ü.M.). Hier kreuzte ein gemütliches Wildschwein meinen Weg. Vortrittsregeln kennen diese Wildtiere nicht, doch das Passieren gelang problemlos. Weiter ging es via la Côte-aux-Fées durch die wunderbare Hochebene nach La Brévine dem Kühlschrank der Schweiz. Das Wetter war herrlich und die Sonne lachte die ganze Zeit in vollen Zügen vom Himmel. Hier und da wurde eine kurze Fotopause eingelegt und eines ist sicher, diese Tour muss ich mit Mama nochmals wiederholen. Vor Le Cerneux-Péquignot ging es von der Grenze weg, parallel zur Bahnlinie in Richtung La Chaux-de-Fonds zum Col de la Vue des Alpes (1283m ü.M.). Hier wurde ein Halt eingelegt, in der Hoffnung auf eine tolle Sicht in die Alpen. Diese wurde durch ein Nebelband versperrt, so dass es beim tollen Namen blieb. In Via Savagner und Lignières führte der Weg weiter nach Le Landeron am Bielersee. Das Mittelland wurde via Murten und Schiffenensee durchquert, bevor es zielstrebig zur wartenden Tochter weiterging. Diese empfing mich singend und Ukulele spielend und freute sich sichtlich auf das Eintreffen von Papa. Die noch sehr viel wichtigere Mama traf wenig später mit dem Auto ein. Die Motorradtour wurde zwar unterbrochen, doch wird es bestimmt zu einer neuen Ausführung kommen.